Metamorphosen

Mit der feinteiligen Strukturierung von minimalsten Strichfolgen, welche die Strichbündel letztlich als Fläche erscheinen lassen, hat Meyn die Möglichkeiten der Strichätzung in soweit ausgeschöpft, so dass es als logische Konsequenz erscheint, dass er sich ab 1974 der Aquatinta-Technik zuwendet, die dem Strich des Stichels die Komposition von Einzelflächen gegenüberstellt.

 

1974 Chardin Variation III, Aquatinta auf Zink, 3/20

 

Landschaften, Horizonte und Wolken kombiniert Meyn nun mit Stilleben, die sich in Komposition, Perspektive und Schattenwurf an Chardin orientieren und teils nach pythagoräischen Konstruktionsprinzipien zusammengestellt erscheinen. Die Sublimität der Darstellung steigert Meyn schließlich in der Kombination von Aquatinta, Strichätzung und Kaltnadelradierung.

 

1974 Spiegelungen, Aquatinta und Strichätzung auf Zink, 4/20

 

Das Spiegeln, Verschieben und Überschneiden einzelner Bildausschnitte in geometrischen Formen findet zu dieser Zeit auch außerhalb des Radierwerks eine adäquate Entsprechung, wobei es nun nicht alleine die unendlich abgestuften Grautöne der Aquatintaflächen sind, sondern zudem die Farbabstufung maßgeblichen Anteil an der Komposition erhält.

 

1975 Horizonte, Ölpastellkreiden auf farbigem Karton, 35 x 49

 

Bereits 1972 sind Segelschiffe in den elliptisch angelegten Radierungen der Horizonte-Reihe ein zentrales, wiederkehrendes Motiv – ein Motiv der Romantik übrigens, Ausdruck menschlicher Sehnsüchte nach Ferne und Vergänglichkeit. Im Jahr 1976 – Meyn ist bei seinen Radierungen längst zur Technik der Kaltnadel übergegangen – entsteht eine erste Reihe, die Segelschiffe als Hauptmotiv in den Vordergrund stellt. Acht Blätter entstehen, teils zweifarbig in indischgelb-siena und ockergelb-englischrot, in blauschwarz, sepia, grün-schwarz oder als Farb-Mono.

 

1976 Segler II, Kaltnadel auf Zink, e.a.

 

Weitere Segler-Reihen entstehen 1981, 1985 und im Jahr 2000 als Palimpseste. Landschaft und Stilleben bleiben bei Meyn aber weiterhin die zentralen Motive – vor allem in der Kombination, wobei zunehmend morbide Strukturen figürliches Gewicht erhalten, seien es Rudimente antiker Skulpturen, faulendes Obst, oder skelettierte Knochenreste, die sich den Platz auf den Inselfeldern der Küstenhorizonte gleichermaßen teilen. Das Thema Vergänglichkeit wird Meyn immer wieder und bis zuletzt begleiten.

 

1977 Antikes Stilleben, Kaltnadel auf Zink, 1/25

 

1977 Landschaft und Stilleben, umbra-schwarz / Radierung Kleines Stilleben (Druckverzeichnis 171) in englischrot-umbra eingedruckt, e.a.